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Aus  Fotointern  Nr. 18/2007:


Lizenzmodelle für «Bildcontent»

Archivfotos werden im industriellen Massstab produziert und übers Internet verbreitet. Für die Massenware Bild gibt es dabei auch massenhaft Unterschiede zwischen den Vertriebskonzepten und Preisstrukturen: Was bedeuten Begriffe wie «rights-managed» oder «royalty-free»? Ein Überblick.

Das Internet hat den Bildermarkt radikal umgekrempelt; statt telefonische oder Faxbestellungen an Bildagenturen und Fotografen zu verschicken, suchen die Bildnutzer heute mehrheitlich selbständig auf Bildportalen und per Suchmaschinen nach dem gewünschten Bildmaterial. Dias werden kaum noch verlangt, vielmehr erwarten die Kunden, nach der Auswahl am Bildschirm die entsprechenden Daten sofort herunterladen und verwenden zu können. Dabei leistet die Technik gute Dienste bei der Beschleunigung der Abwicklung, gleichzeitig geraten jedoch auch die differenzierten Abstufungen der Nutzungsrechte und Honorare unter Druck, die in der Branche noch vor wenigen Jahren selbstverständlich waren.

Wachsender Markt, sinkende Honorare

Auf der einen Seite eröffnet das weltumspannende Netz auch kleinen Nischenanbietern den Zugang zum globalen Markt, auf der anderen Seite entfällt mehr als die Hälfte des weltweiten Umsatzes mit Stockfotos auf gerade einmal drei dominierende Konzerne, die allesamt in den USA beheimatet sind: Corbis, Getty und Jupiterimages. Diese börsenkotierten Unternehmen verwalten je einen Fundus von mehreren Millionen Bildern aus den diversen Agenturen und Archiven, die sie aufgekauft haben, zudem lassen sie auch festangestellte Fotografen neues Bildmaterial produzieren, oft mit konzerneigener Art Direktion und gemäss dem Input ebenfalls eigener Marktbeobachter und Trendforscher. In diesem Umfeld sind Fotos «digital content», eine Manipuliermasse, die mehr nach statistischen als nach ästhetischen Kriterien bewertet wird. Diese Sicht deckt sich freilich nicht immer mit dem Selbstverständnis oder der kreativen Vision des einzelnen Fotografen, der die Ergebnisse seiner Arbeit kommerziell verwerten möchte.

Zur Veranschaulichung hier ein paar Fakten zum nach eigenen Angaben führenden Anbieter der Stockfotoindustrie: Im Jahr 2006 hat Getty Images mit 1750 Mitarbeitern einen Umsatz von 807 Mio. USD erwirtschaftet; 41% davon in den USA, den zweitgrössten Länderumsatz stellte mit 14% Grossbritannien vor Deutschland und Frankreich. Das widerspiegelt vermutlich, dass Getty Images den Hauptsitz in den USA hat (wo das Geld der Familie Getty herkommt) und die Übernahme der im Werbemarkt etablierten Londoner Agentur Tony Stone (mit vielen Topfotografen) massgeblich zum Qualitätsimage des neuen Konzerns beitrug. Etwa ein Viertel des Umsatzes von Getty Images wurde 2006 an nicht festangestellte Fotografen als Honoraranteil ausbezahlt; der Reingewinn belief sich auf 130 Mio. Dollar. Trotz des Rekordumsatzes wurden die selbst gesteckten hohen Ziele nicht ganz erreicht; bei den Wachstumsmärkten nennt CEO Jonathan Klein im Aktionärsbrief einerseits das redaktionelle Segment, andererseits den asiatischen Raum und unter den einzelnen Ländern auch die Schweiz. Zwei bedeutende Neuerungen bei Getty waren die Einführung des vereinfachten Lizenzmodells «rights-ready» und der Kauf des Amateurfotoportals iStockphoto, auf die nachfolgend noch näher eingegangen wird.

Rights-managed: nutzungsabhängiges Honorar

Das klassische Modell stellt das einzelne Bild und seinen Verwendungszweck in den Mittelpunkt. Das Honorar bemisst sich von Fall zu Fall jeweils nach der Art und dem Umfang der übertragenen Nutzungsrechte. Der einmalige Abdruck in einer Zeitung mit kleiner Auflage ist wesentlich günstiger zu haben als etwa eine Mehrfachnutzung in Anzeigen und Plakaten einer Werbekampagne. Auch der Schwierigkeitsgrad oder die Seltenheit einer Aufnahme kann die Höhe des Honorars massgeblich beeinflussen: Für eine Luftaufnahme oder eine Studioszene mit mehreren professionell gestylten Fotomodellen wird ein Kunde manchmal mehr hinblättern müssen als für einen Schnappschuss von einer bekannten Touristenattraktion. In gewissen Fällen, etwa weltweiter Exklusivnutzung, kann das Honorar bis in den fünf- oder sechsstelligen Bereich klettern, wenn der Anbieter geschickt verhandelt. Von einem solchen Glückstreffer werden die meisten Fotografen allerdings ihre Karriere lang nur träumen.

Der zuverlässigen Rechteverwaltung kommt in einigen Kundensegmenten grosse Bedeutung zu; etwa in der Werbung oder bei exklusiven Printprodukten. Bei diesen Anwendungen kommen Dinge ins Spiel wie Urheberrechte an abgebildeten Objekten oder Bauwerken, Model Releases und Exklusivrechte in allen denkbaren Abstufungen, damit ein und dasselbe Foto nicht von mehr als einem Nutzer in konkurrenzierenden Produkten verwendet wird.

Preise nach Nutzung

Branchenverbände wie die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Bild-Agenturen und -Archive (SAB, www.sab-photo.ch) und die Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM, www.bvpa.org/MFM.php) tragen periodisch fein verästelte Honorarstaffeln für alle denkbaren Verwendungszwecke zusammen, welche als Orientierung über die marktüblichen Preise gelten. Für einige Bildnutzer ist die Lizenzierung nach einem strikt vorgegebenen Nutzungsumfang weniger praktisch, weil der genaue Einsatzzweck eines Bildes manchmal nicht so klar im Voraus absehbar ist bzw. später noch weitere abgeleitete Nutzungen erforderlich werden können, die man dann nicht jeweils einzeln zusätzlich lizenzieren kann oder will. Für solche Fälle hat Getty Images ein neues Modell geschaffen, das pro Endkunde und Projekt nur noch eine einmalige Lizenzgebühr vorsieht, und zwar bemisst sich diese nach einem knappen Dutzend weit gefasster Verwendungskategorien (z.B. «gedruckte Marketingmaterialien», «unternehmensinterne Nutzung» oder «redaktionelle Nutzung auf Innenseite oder Rücktitel»). Während der Laufzeit solch einer Pauschallizenz darf das Bild dann vom Kunden innerhalb der Kategorie frei für das Projekt verwendet werden.

Royalty-free: Pauschalpreis pro Bild

Die digitale Revolution brachte es mit sich, dass der Vertrieb von digitalem Content – also auch Fotos – früh das Interesse von Firmen weckte, die bereits mit Software im Geschäft waren. Zum Beispiel die kanadische Corel Corporation, die begann, zu ihren populären Grafik- und Bildbearbeitungsprogrammen auch so genannte «Clip Art» als Rohmaterial mitzuliefern bzw. als separate Kollektionen auf CD zu verkaufen. Diese anfangs noch in niedriger Auflösung und teils bescheidener Qualität digitalisierten Fotos waren deutlich billiger zu haben als das Material von Bildagenturen, daher fanden die Bildserien zum Discountpreis schnell eine Anhängerschaft bei Nutzern mit kleinem Budget. Ebenso machte das Geschäftsmodell schnell Schule und zog weitere Anbieter an.

Der Begriff «royalty-free» wird irreführenderweise mit «lizenzfrei» übersetzt. Wörtlich bedeutet er aber «ohne Tantiemen», das heisst: Nach dem einmaligen Lizenzhonorar fallen kein Zusatzkosten an, wenn das Bild über die Erstnutzung hinaus weiter verwendet wird, und zwar meist unabhängig von der Art oder dem Kontext aller Verwendungen (mit wenigen Einschränkungen). «Lizenzfreie» Fotos sind also mitnichten kostenlos, sondern müssen lediglich einmal zu einem Fixpreis lizenziert werden, um sie dann beliebig oft für die gemäss Pauschallizenz zulässigen Nutzungsarten zu verwenden. Es hat sich inzwischen etabliert, dass dieser Fixpreis nach der Pixelmenge bzw. Dateigrösse der Fotos abgestuft ist. Innerhalb einer Kollektion – sei das nun eine Fotoserie zu einem Thema oder eine komplette Online-Datenbank – ist der Preis für ein Bild in einer bestimmten Grösse in der Regel gleich. Zwischen den Kollektionen kann das Preisniveau hingegen stark variieren; von einer Sammel-CD oder -DVD mit Dutzenden bis Tausenden Fotos zum Ramschpreis bis zu qualitativ hervorragenden Einzelbildern, die man im Internet zu einem entsprechend hohen Stückpreis (fallweise bis etwa 1000 Euro) herunterladen kann. Nach anfänglichem Zögern haben insbesondere die grossen Bildanbieter mittlerweile eigene Royalty-free-Kollektionen in ihr Produkteportfolio aufgenommen. Bei einigen soll der Umsatz mit lizenzfreien Bildern den Anteil überholt haben, der mit lizenzpflichtigen Fotos erzielt wird. Letztere generieren im Durchschnitt aber einen höheren Ertrag pro verkaufte Lizenz und haben durch das Umsatzpotenzial von Wiederverwendungen oft eine längere «Lebensdauer» am Markt.

Microstock: Online-Community als Bildquelle

Mit der rasanten Verbreitung des Internets und der digitalen Fotografie wachsen sowohl die Anzahl Websites, auf denen Bilder publiziert werden, als auch der Kreis von Amateuren und Privaten, die ihre Fotos der Öffentlichkeit zugänglich machen. Es bilden sich so grosse Foto-Communitys mit einem riesigen Pool von «user-generated content», wie es in der Sprache der Marketingleute heisst. Logisch, dass dieses aus kommerzieller Sicht brachliegende Kapital Geschäftsleute anzieht, die damit Geld machen wollen. Und zwar werden die Communitys gleich an zwei Fronten angegriffen: Einerseits locken die Site-Betreiber mit der Aussicht auf ein Taschengeld Hobbyknipser an, die ihre Bilder hochladen und dem Portal die Nutzungsrechte übertragen; andererseits sind Fotofans und Privatleute auch Zielgruppe für die Vermarktung ebendieses Contents. Genau wie Klingeltöne werden für die aktuellen Fotohandys mit Farbbildschirm nun auch Fotos zur «Individualisierung» des Geräts angepriesen. Und für die private Homepage oder eine selbst gestaltete Einladung zu einer Feier usw. sind einige Konsumenten auch bereit, einen kleinen Obolus für ein Bild zu entrichten, das ihnen gefällt. Einen Dollar oder so pro Bild, da denkt man nicht lange drüber nach.

Mehr Fotos fürs Web

Getty Images hat sich iStockphoto, den Erfinder und Marktführer von Microstock geschnappt und plant mit dieser Akquisition Grosses. Man wisse, dass iStockphoto im zweiten Quartal 2007 4,25 Millionen Fotos lizenziert habe; die allermeisten davon in sehr geringer Auflösung, was auf eine Verwendung im Web hindeute. Im gleichen Zeitraum haben bei Getty Images rights-ready und rights-managed Lizenzen für Internet-Verwendungen weniger als ein Prozent des Volumens von iStockphoto ausgemacht. Da wittern die Strategen aber sowas von Morgenluft! Man darf gespannt sein, wie sich Angebot und Nachfrage in diesem Bereich relativ zu den bisherigen Vertriebsmodellen weiter entwickeln werden.

Fazit: Die Menge macht’s

Aus der Sicht eines Fotografen lässt sich zusammenfassend sagen, dass bei allen Lizenzmodellen – und erst recht bei jenen mit niedrigen bis winzigen Honoraren pro Lizenztransaktion – viele Fotos (Tausende, Zehntausende) vermarktet werden müssen, um damit ein substanzielles Einkommen zu erzielen. Vorzugsweise solche Fotos, die sich vielfach verkaufen, und Motive, die nicht zu schnell durch Modeströmungen, qualitative Mängel oder nachlassendes Publikumsinteresse veralten. Ein Patentrezept dafür gibt es nicht, da sich der Markt ja laufend verändert. Es gilt also, sich dementsprechend weiter zu entwickeln und neue Chancen wahrzunehmen, wenn alte Quellen versiegen.

© 2007 Eric A. Soder (Fotointern 18/07)


Update 16.6.08:
Ein bemerkenswertes Beispiel, was mit Royalty-free-Bildern passieren kann, wenn zwei Konzerne bei der Werbung Fotografen- bzw. Lizenzhonorare sparen wollen, sehen Sie hier.

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nach oben   Home   aktualisiert 2008-6-16   © Eric A. Soder